Jakob Lenz

Kammeroper Text von Michael Fröhling frei nach Georg Büchners Lenz Musik von Wolfgang Rihm

1778 sucht der von ersten Anzeichen einer paranoiden Schizophrenie geplagte Sturm-und-Drang-Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz den Pfarrer Johann Friedrich Oberlin auf, in der Hoffnung, den Verlauf der Krankheit doch noch aufhalten zu können. Doch muss Oberlin bald mit ansehen, wie der von Selbstmordgedanken gequälte Lenz zunehmend den Kontakt zu seiner Umgebung zu verlieren scheint. Der Kommunikation unfähig, transformiert sich bei Lenz das Außen der vordergründigen Realität zu einer grotesk verzerrten Projektion ins Innere. Etwa 60 Jahre später greift Georg Büchner diese Ereignisse auf und verwendet für seine Erzählung, in der sich Fiktion und Fakten vermischen, sowohl die umfassenden Aufzeichnungen Oberlins als auch wörtliche Zitate aus den Briefen des Dichters. Wolfgang Rihm, der Büchners Erzählung als »eine Zustandsbeschreibung innerhalb eines Zerfallsprozesses« bezeichnete, fand für sein zweites Musiktheater 1977/78 einen originellen Zugriff: so wie sich Wahrheit und Fiktion in Lenz’ Wahrnehmung vermischen und durchdringen, entsteht ein zwischen Tonalität und Atonalität changierendes Klanggewebe, das deutliche Bezüge zu expressionistischen Meisterwerken wie Schönbergs »Moses und Aron« und Bergs »Wozzeck« aufweist.

Termine

Medien

Handlung

1. BILD Lenz hetzt durchs Gebirge. Stimmen bedrängen ihn. »Geist, der du in mir lebst! Woher kamst du, dass du so eilst? … Deine Hülle vermag’s nicht, all ihre Bande zittern … Nicht weiter empor! …« Er stürzt sich ins Wasser.

2. BILD Pfarrer Oberlin nimmt sich seiner an. Lenz richtet Grüße von ihrem gemeinsamen Freund Kaufmann aus. Oberlins Erinnerung an seine dichterischen Arbeiten wehrt Lenz ab.

3. BILD Lenz verbringt eine schlaflose Nacht. Ihn überfallen Erinnerungen an Friederike, eine von Goethe verlassene Geliebte, um die auch Lenz geworben hatte: »Du Weib, zu schön für diese Erde, du Sonnenkind, du Lenzgemüt! Wann werd’ ich dich wiederfinden, dich fiebernd fühlen? Du Heilige, Einzige, Göttliche!«

4. BILD Oberlin regt Lenz zu religiösen Naturschwärmereien an. Die Stimmen künden von Hoffnung: »Träum die alten Träume, / Wähn den alten Wahn, / Sieh’ der Zukunft Räume / Golden aufgetan.«

5. BILD Lenz bittet Oberlin, eine Predigt halten zu dürfen. Stammelnd und schreiend überwindet Lenz seine Redehemmung, ohne dass seine Worte die Gemeinde erreichen.

6. BILD Kaufmann trifft ein. Er führt mit Lenz ein Gespräch über Kunst. Lenz tritt unter Berufung auf »Bruder Goethe« für eine ungeschönte künstlerische Darstellung von Wirklichkeit ein: »Der liebe Gott hat die Welt wohl gemacht. Wir können nicht was Bessr’es klecksen.« Kaufmann überbringt Lenz den Befehl seines Vaters, nach Hause zu kommen. Lenz lehnt ab: »UNMÖGLICH … Tötet mich lieber …«

7. BILD Lenz auf der Flucht im Gebirge. Er erinnert sich eigener Gedichte. Die Stimmen trösten ihn zunächst, kündigen dann aber den Tod Friederikes an. Lenz will sie retten …

8. BILD … und stürzt ins nächtliche Pfarrhaus, …

9. BILD … dann, verfolgt von den Stimmen, aus denen sich die Stimme Friederikes zu lösen scheint, zurück ins Gebirge, …

10. BILD … zuletzt an die Totenbahre eines kleinen Mädchens. Verzweifelt versucht er es mit Worten Jesu zum Leben wiederzuerwecken: »Stehe auf und wandle«. Sein Scheitern versteht er als Zeichen seiner Verwerfung durch Gott.

11. BILD »Von nun an die Sonne in Trauer, von nun an finster der Tag!«
Die Stimmen versuchen, Lenz in den Selbstmord zu treiben.

12. BILD Oberlin und Kaufmann wollen Lenz erneut zur Heimreise bewegen. Ihr Trost und ihre Drohungen lösen einen weiteren Ausbruch Lenz’ aus. Sie stecken ihn in eine Zwangsjacke.

13. BILD Lenz gibt nur noch das Wort »konsequent« von sich. Kaufmann und Oberlin reisen ab.

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